Porträt

Fritz Straub

Ohne die erfolgreiche friedliche Revolution in der DDR 1989, ohne die Deutsche Einheit, ohne Treuhandanstalt und ohne gutes Wetter wären Fritz Straub, Jahrgang 1943, und die Deutschen Werkstätten nie zusammengekommen. Nach drei Jahrzehnten bei zwei großen Unternehmen hatte der Pharma-Manager Straub 1991 eine Auszeit genommen, um zu prüfen, wo und wie er sein weiteres Arbeitsleben verbringen wollte. Das Ergebnis lautete: nach seinen eigenen Vorstellungen und in seinem eigenen Unternehmen.

Straub wurde von einem Treuhandmitarbeiter angesprochen, allerdings war die Treuhand zu dem Zeitpunkt bereits ein Jahr aktiv, Pharma-Unternehmen nicht mehr zu haben. So sah er sich 60 Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen an, bei 59 erinnert er sich an deprimierende Eindrücke. Die Deutschen Werkstätten wurden ihm vorab angepriesen als „sowas ähnliches wie Bauhaus“. Im Mai 1992 („bei miesem November-Wetter hätte ich die Finger davongelassen“) besuchte er erstmals das Unternehmen und war beeindruckt vom Gebäudekomplex und von der blühenden Kastanie im Innenhof. 

Straub war sofort klar: „Hier steht ein Denkmal deutscher Design-Geschichte, ein Unternehmen mit einer glorreichen Vergangenheit. Das kann man doch nicht vor die Hunde gehen lassen…“

Ebenfalls klar war, dass mit dem bisherigen Bestseller, dem Möbelprogramm Deutsche Werkstätten (MDW), das Unternehmen nicht gerettet werden konnte. Einzige Hoffnungsschimmer waren die sogenannten „Schlips-Tischler“ der Abteilung Sonderfertigung. Sie hatten, wo immer in der DDR aufwändig und repräsentativ ausgebaut wurde, gearbeitet, unter anderem im Leipziger Gewandhaus und in der Semperoper Dresden.

Der fachfremde Manager Fritz Straub, der von Holz keine Ahnung hatte, sollte sich unter anderem gerade deshalb als Segen für das Unternehmen erweisen. Zunächst aber war es sein „unstillbarer Ehrgeiz“: „Wenn ich etwas mache, dann mache ich es gut und besser als die anderen.“ Diesen Anspruch setzte der gebürtige Saarländer im Unternehmen durch. Ein weiterer Grundsatz von Straub lautet: Wenn ich führen will, muss ich Vorbild sein. Er lebte seinen Mitarbeitern vor, wie er Arbeit und Unternehmensführung versteht. „Ich habe keinen dicken Wagen gekauft, ich habe keine Dividende rausgezogen. Alle haben gemerkt, dass ich geblutet habe, wenn sie geblutet haben.“

Und alle merkten, dass ein vorurteilsfreier Mensch an der Spitze des Unternehmens steht. Fritz Straub erinnert sich an die zehn Jahre, die er in seinem ersten Berufsleben in Thailand, Pakistan und Spanien verbracht hat. „99 Prozent meiner Vorurteile waren Quatsch und standen einer guten Zusammenarbeit im Weg!“

 

 

 

„Ich habe keinen dicken Wagen gekauft, ich habe keine Dividende rausgezogen. Alle haben gemerkt, dass ich geblutet habe, wenn sie geblutet haben.“
Fritz Straub

Bleibt der fachfremde Pharma-Manager, der von Holz keine Ahnung hatte. Ein Vorteil, wie sich zeigen sollte. Der entscheidungsfreudige Generalist Fritz Straub zog daraus die logische Konsequenz: Wenn er nicht der Spezialist ist, dann sind es die Mitarbeiter, auf die er vertrauen sollte. Um ihnen zu vertrauen, muss er wissen, dass sie ihren Job verstehen. Wenn sie ihren Job verstehen, muss er sie nicht eng führen, sondern sie weitgehend selbständig arbeiten lassen.

Fritz Straub ist mit seinem Menschenbild und Führungsstil dem Ideal des sich-selbst-organisierenden-Unternehmens sehr nahegekommen. Besser werden nie ausgeschlossen!

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